Manche Begriffe, die wir verwenden, um Teile der Bibel zu beschreiben, erscheinen selbst nicht in der Schrift, aber dennoch bezeichnen Sie einen Teil, den wir sofort wiedererkennen. Ein Beispiel dafür sind die "Seligpreisungen". 

Der Begriff "Seligpreisung" hat seine Wurzel im Lateinischen beatus und bedeutet "gesegnet". Üblicherweise gebrauchen wir ihn, um den Teil von Matthäus 5 zu bezeichnen, in dem Jesus Christus neun geistliche Zustände beschreibt, die im Leben eines Christen vorhanden sein sollten. 

Die Seligpreisungen kennzeichnen den Beginn von Jesu Christi öffentlichem Wirken, wie es im Matthäusevangelium aufgezeichnet ist. Jesus hatte bereits zuvor Kranke geheilt und das Evangelium vom Reich Gottes gepredigt, wie in Matthäus 4 kurz erwähnt, aber erst mit den Seligpreisungen – und der gesamten Bergpredigt, von der sie ein Teil sind – beginnt Matthäus, die Details der Lehren zu erwähnen, die so einen wichtigen Anteil an Jesu Wirken haben. 

Wenn wir diesen Abschnitt der Schrift lesen, konzentrieren wir uns typischerweise auf die persönlichen Zustände, die dort jeweils beschrieben sind, sowie auf den Lohn, der jeweils in Aussicht gestellt wird. Nur selten halten wir inne und denken über das jeweils erste Wort nach: "Selig". Dieses Wort wird neun Mal zu Beginn der Bergpredigt verwendet. Doch was bedeutet es? War es nur ein rhetorischer Kniff oder sollte die stetige Wiederholung des Wortes uns eine wertvolle Lektion lehren? 

"Selig" ist die bevorzugte Übersetzung des Begriffs in den gängigsten Bibelübersetzungen wie der Lutherbibel oder der Einheitsübersetzung. Doch manche Übersetzungen geben ihn mit "glückselig" an (Elberfelder Bibel) – und dieGute Nachricht Bibel umschreibt ihn als Grund zur Freude – Hinweise darauf, dass die Übersetzer zeigen wollen, dass in diesem Wort eine größere Tiefe und Bedeutungsebene enthalten ist. 

Das deutsche Wort "selig" ist vom griechischen Wort makarios übersetzt. Manche ältere Leser mögen sich vielleicht noch daran erinnern, dass dies der Name eines griechisch-orthodoxen Erzbischofs war, der Zypern in den 1950er Jahren gegen Großbritannien in die Unabhängigkeit geführt hat. Aber was meint die Bibel, wenn es von uns heißt, dass wir selig sein sollen? In welcher Hinsicht sind wir selig – mit anderen Worten: was ist die Ursache für unseren Grund zur Freude?

"Seliges" Verhalten

Wir können ein besseres Verständnis dieses Begriffs erlangen, wenn wir uns anschauen, wie er an anderer Stelle in der Bibel verwendet wird. Der Psalter beginnt mit diesen Worten: "Wohl dem [Elberfelder Bibel: "Glückselig der Mann"], der nicht wandelt im Rat der Gottlosen noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern hat Lust am Gesetz des Herrn und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht!" (Psalm 1, 1-2). 

Die hebräischen Schreiber gebrauchten "Triaden" – Gruppen von drei Begriffen oder Konzepten – um die Vollständigkeit eines Themas auszudrücken, das sich über die genannten drei Begriffe hinaus erstreckte. Beispielsweise beschrieb "der Fremdling und die Waise und die Witwe" (5. Mose 14, 29) alle Randgruppen der Gesellschaft, nicht nur Menschen in einer der drei Kategorien. Wenn geboten wurde, "Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott" (Micha 6, 8), war dies ein Aufruf, jeden Aspekt des heiligen und gerechten Charakters Gottes in unserem Leben zu entwickeln, nicht nur diese drei Eigenschaften. 

In ähnlicher Weise ist der Mann, der in Psalm 1, 1 beschrieben wird, eine Person, die vollständig und uneingeschränkt den bösen Lebensweg abgelehnt hat und sich stattdessen für den Weg entschieden hat, der in Vers 2 beschrieben ist. In dieser Hinsicht erklärte Salomo, der Sohn und Nachfolger Davids, der diesen Psalm geschrieben hat, auch: "wohl ihm [Elberfelder Bibel: "glückselig ist es"], wenn es [das Volk] das Gesetz bewahrt" (Sprüche 29, 18). 

Die Worte, die in den beiden obigen Versen mit "wohl" oder "glückselig" übersetzt sind, stammen von dem hebräischen Wort esher. Aber um die Bedeutung und Absicht zu verstehen, wie Matthäus "glückselig" gebrauchte, sollten wir uns ein weiteres hebräisches Wort ansehen, das häufiger mit "glückselig" übersetzt wird: "barak". Barak wird zuerst in 1. Mose 1, 28 verwendet, als der Mensch erschaffen wurde. Unser Schöpfer gab ihnen einen Segen (barak) und einen Auftrag (1. Mose 1, 26-28). 

Dann finden wir den Begriff bei dem Segen für Abram, dort sogar vier Mal in zwei Versen, aber besonders in der Hinsicht, dass seine Nachkommen ein Segen für alle Nationen werden sollten (1. Mose 12, 2-3). Wenn der Erstgeborene den Erstgeburtssegen von seinem Vater empfing, war der Begriff, der für diesen Segen gebraucht wurde, das hebräische barak (1. Mose 27, 4-29). Mit dem Begriff barak ist der Fokus des Segens auf den Segensspender. Damit wird zum Ausdruck gebracht, was der Ewige oder eine andere, größere Person für den Empfänger tut. 

In ähnlicher Weise finden wir barak in den letzten Worten, die der Ewige durch Mose den Kindern Israel mitteilte, als sie ermahnt wurden: "Ich nehme Himmel und Erde heute über euch zu Zeugen: Ich habe euch Leben und Tod,Segen [barak] und Fluch vorgelegt, damit du das Leben erwählst und am Leben bleibst, du und deine Nachkommen" (5. Mose 30, 19). 

Der Segen, den Psalm 1, 1 und die Seligpreisungen ansprechen, unterscheidet sich klar von diesen gnadenvollen Handlungen Gottes. Sie beschreiben vielmehr eine angemessene Antwort des Empfängers auf einen anfänglichen Segen, den Gott gegeben hat.

Das Konzept des Gesegnet-Seins

Wenn wir zum Neuen Testament kommen, finden wir, dass hier zwei verschiedene griechische Worte verwendet werden, um die hebräischen Begriffe barak und esher zu übersetzen. Das hebräische barak entspricht dem griechischen eulogeo oder eulogia, wovon wir den Begriff der Eulogie übernommen haben – eine Rede, in der man alles Gute über eine Person erwähnt, sie lobt oder segnet. Lukas schreibt, als er über das Ende Jesu mit seinen Jüngern berichtet: "Er führte sie aber hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete [eulogeo] sie. Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel" (Lukas 24, 50-51). 

Der Begriff eulogeo wurde auch verwendet, als Gabriel zu Maria kam, um sie über ihren Anteil am Plan des Vaters zu informieren, seinen Sohn in das Fleisch zu senden (Lukas 1, 28). Er bezeichnet ebenfalls die Art von Segnung, die wir denen geben sollen, die uns fluchen (Matthäus 5, 44) und vor allem bezeichnet es den Segen, den wir empfangen, wenn wir das Reich Gottes ererben (Matthäus 25, 34). 

Doch barak ist nicht das hebräische Äquivalent des Begriffs, der in der Bergpredigt gebraucht wird. Hier ist es nicht einfach ein Segen, der von Gott oder einem höherstehenden Menschen erteilt wird. Esher – das hebräische Wort für "wohl" oder "glückselig" in Psalm 1, 1-2 und Sprüche 29, 11 – ist ein Wort, das etwas mehr von uns erfordert. Der Psalmist gibt uns einen Einblick, indem es heißt: "Dienet dem Herrn mit Furcht und küsst seine Füße mit Zittern, dass er nicht zürne und ihr umkommt auf dem Wege; denn sein Zorn wird bald entbrennen. Wohl [esher] allen, die auf ihn trauen!" (Psalm 2, 11-12). 

Hier beinhaltet das Konzept des Segens mehr Beteiligung von unserer Seite. Diese Form des Segens entsteht durch das Vertrauen auf Gott. Dasselbe Konzept wird im Buch der Sprüche bekräftigt: "Wer auf das Wort merkt, der findet Glück; und wohl [esher] dem, der sich auf den Herrn verlässt!" (Sprüche 16, 20). 

Der Segen, der mit esher verbunden ist, erfordert, dass wir auf Gott vertrauen. Er setzt voraus, dass wir uns der Autorität des Wortes Gottes unterordnen. Er beinhaltet die Schaffung einer Beziehung mit Gott, die unserem Vater wohlgefällig ist. Dieses Konzept wird in den Psalmen häufig wiederholt (siehe Psalm 34, 9; 40; 84, 5-6.13). Beachten Sie auch, wie die größte Darstellung des Gesetzes Gottes beginnt: "Wohl [esher] denen, die ohne Tadel leben, die im Gesetz des Herrn wandeln! Wohl [esher] denen, die sich an seine Mahnungen halten, die ihn von ganzem Herzen suchen" (Psalm 119, 1-2). 

Uns selbst der Autorität des Wortes Gottes unterzuordnen führt zu einem weiteren Vorgang – wir leben im Einklang mit Gottes Wegen. Daher kann der Psalmist schreiben: "Das Gesetz seines Gottes ist in seinem Herzen; seine Tritte gleiten nicht" (Psalm 37, 31). Ebenso beschrieb Salomo eine kleine Facette eines Lebens nach Gottes Lebensweise: "Wer seinen Nächsten verachtet, versündigt sich; aber wohl [esher] dem, der sich der Elenden erbarmt!" (Sprüche 14, 21). Hiob verstand ebenfalls, wie allumfassend diese Verpflichtung und Hingabe für das Gesetz Gottes ist, als er schrieb: "Ist mein Gang gewichen vom Wege und mein Herz meinen Augen nachgefolgt und blieb etwas hängen an meinen Händen…" (Hiob 31, 7). 

Dieser Segen (esher) erfordert also eine Reaktion von unserer Seite – eine Hingabe für die Wege des Ewigen.

Im Griechischen und im Hebräischen

Makarios, das Wort, das in den Seligpreisungen für "glückselig" verwendet wird, ist das griechische Äquivalent von esher. Es beinhaltet dieselben Ideen im Griechischen, wie esher im Hebräischen. Und als solches beinhaltetmakarios auch den Aspekt, dass wir unser Leben entsprechend dem offenbarten Willen Gottes gestalten, und zwar genauso konsequent, wie es Psalm 1, 1-2 erklärt. Dies zeigt sich auch in weiteren Aussagen Jesu Christi, in denen "selig" bzw. "glückselig" die deutsche Übersetzung für makarios ist. Wir lesen: "Er aber sprach: Ja, selig [makarios] sind, die das Wort Gottes hören und bewahren" (Lukas 11, 28). 

Auch als Jesus zu den Jüngern sprach, als sie um den Tisch zum letzten Passah versammelt waren und er ihre Füße in einem Akt großer Demut gewaschen hatte, sagte er: "Wenn ihr dies wisst – selig [makarios] seid ihr, wenn ihr's tut" (Johannes 13, 17). 

Johannes war auch inspiriert, diesen Begriff am Ende des Buchs der Offenbarung zu verwenden. Nachdem er das Neue Jerusalem mit dem Fluss und den Bäumen des Lebens beschrieben hatte, war er inspiriert, folgende Aufforderung niederzuschreiben: "Siehe, ich komme bald. Selig [makarios] ist, der die Worte der Weissagung in diesem Buch bewahrt" (Offenbarung 22, 7). 

Makarios, ebenso wie esher, ist das Ergebnis dessen, dass wir unser Leben hingeben, um in Einklang mit Gottes Lebensweise zu leben, was wiederum das Ergebnis dessen ist, dass wir eine gehorsame Beziehung zu Gott haben. Dieses Handeln unsererseits ist entscheidend bei diesem Begriff. Es hängt mit dem Bund zusammen, zu dem unser Vater uns eingeladen hat, dass wir ihn mit ihm eingehen können – einem übergeordneten Segen (eulogia) von seiner Seite. 

Es überrascht also nicht, dass wir diesen Aspekt der Hingabe unseres Lebens auch als ausdrücklichen Bestandteil der Passah-Beziehung wiederfinden. Der Apostel Paulus erklärt gegenüber der Gemeinde in Rom mit einem Zitat aus König Davids Psalm 32, 1-2 die Wirkung des Passahs. Ebenso wie David beschrieb, wie gesegnet der Mensch ist, den Gott unabhängig von seinen Werken gerecht spricht, heißt es: "Selig sind die, denen die Ungerechtigkeiten vergeben und denen die Sünden bedeckt sind! Selig ist der Mann, dem der Herr die Sünde nicht zurechnet!" (Römer 4, 7-8). 

Warum wird makarios in dieser Passage der Bibel dreimal gebraucht, um die Art von Segen zu beschreiben, um den es geht? Einfach deshalb, weil wir, wenn wir das Passah würdig einnehmen, zeigen, dass wir das Opfer Jesu Christi als Sühneopfer für unsere Sünden angenommen haben. Und als Resultat dieser Annahme erklären wir uns bereit, ein Leben zu leben, das eine gehorsame Beziehung mit dem Vater und Jesus Christus widerspiegelt. Das Endergebnis ist dann, dass wir zuversichtlich sein können, dass Gott entsprechend seinem Wort handelt. Dieser Segen entsteht durch unsere Hingabe für Gottes Lebensweise.

Die gesegnete Folge eines Lebens nach Gottes Lebensweise

Die Seligpreisungen zeigen also die Folge dieser Beziehung – den segensreichen Effekt eines Lebens nach der Lebensweise, die in Psalm 1, 1-2 so eindrucksvoll ausgedrückt ist, und die beinhaltet, dass man geistlich arm und sanftmütig ist und hungert und dürstet nach Gerechtigkeit. Diese Lebensweise ist völlig anders, als die normale Einstellung, die Menschen haben in Bezug auf eine Beziehung zu einer einflussreichen, berühmten oder mächtigen Person. Oftmals sind solche Situationen von Hochmut geprägt, und jeder will dem anderen zeigen, "ich bin besser als du!" Unsere Beziehung zu unserem himmlischen Vater und zu seinem Sohn führt hingegen zu Demut in uns, sodass wir fähig werden, anderen so zu dienen, wie Jesus Christus uns gedient hat. Hier erweist sich die Lebensweise des Gebens im Gegensatz zur sonstigen Lebensweise des Nehmens. 

Ein weiterer interessanter Punkt ist, dass das 1. Buch Mose, das Buch der Psalmen und das öffentliche Wirken Jesu Christi (im Matthäusevangelium) alle mit einer Aussage über Segnungen beginnen. 1. Mose ist das erste von fünf Büchern der Thora. Der Psalter ist unterteilt in fünf Bücher, die Parallelen zu den fünf Büchern der Thora aufweisen. Und Kommentatoren erklären, dass die öffentlichen Lehren Jesu Christi im Matthäusevangelium in fünf Abschnitte unterteilbar sind, parallel zu den Büchern in der Thora. Wenn dies der Fall ist, dann ist diese Einteilung sicherlich für unseren Vater und seinen Sohn von Bedeutung. 

Unser Vater möchte uns segnen, indem er uns zu einem Teil seiner Familie macht. Das war die ursprüngliche Absicht der Gottfamilie bei der Erschaffung der Menschen, und deshalb wurden sie auch, wie in 1. Mose 1, 28 aufgezeichnet, gesegnet. Psalm 1, 1-2 und Matthäus 5, 1-9 beschreiben dann unsere angemessene Reaktion auf die Einladung zu diesem höchsten Segen. 

Die meisten Menschen streben nach einem Segen, um eine Bereicherung oder Besserung zu haben. Die Segen, von denen hier die Rede ist, stammen aus einer Beziehung, die auf einer Hingabe für eine Lebensweise beruhen, die im Gegensatz dazu eine Verbesserung für andere, anstatt für einen selbst bringen. Dies ist der Segen, von dem der Vater möchte, dass wir ihn alle erfahren. 

Der Begriff "selig" ist also nicht nur ein rhetorischer Kniff, der dazu dient, dass wir uns an die Seligpreisungen erinnern können. Vielmehr geht es um eine Einstellung der Unterordnung, durch die wir den Charakter aufbauen, der in diesem Versen beschrieben ist. Wir könnten niemals diese Art von Person sein, ohne vollständige Unterordnung und Hingabe für die Lebensweise unseres Vaters und seines Sohns. Ohne diese Art Segen können wir das Ziel unseres Vaters für uns nicht erreichen.


DSL, März 2015
© 2015 Living Church of God
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Englischer Titel:  Living the Beatitudes What Is Blessedness?
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Biblische Verweise und Zitate sind, soweit nicht anders angegeben,
der revidierten Lutherbibel 1984 entnommen.
© 1985 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart