Enttäuschung, Demütigung – schließlich Verzweiflung. Mohamed Bouazizi versuchte, seine Familie als Straßenverkäufer zu ernähren, als die tunesische Polizei seinen Gemüsekarren und seine Lebensmittel beschlagnahmte. Sie behauptete, ihm fehle eine Genehmigung. Als Bouazizi sich beschwerte, wurde er dem Bericht nach von einer Staatsbeamtin geohrfeigt und erniedrigt. Aus Protest zündete er sich am 17. Dezember 2010 an und starb in einem Selbstverbrennungsakt, der eine Protestwelle entfachte – die zum Umsturz des 26 Jahre alten Regimes von Ben Ali führten. Das löste wiederum eine Serie weiterer Proteste im gesamten Nahen Osten aus, die manche als "tunesischen Wind" bezeichnet haben. 

Wozu werden diese Proteste letztendlich führen? Wird der "tunesische Wind" zu einem Sturm radikaler Islamisten werden, der die politische und soziale Landschaft des Nahen Ostens verändert? Berichterstatter haben Schwierigkeiten damit, die Ereignisse einzuschätzen, aber nur sehr wenige erkennen, dass biblische Prophezeiungen Antworten liefern, die sonst nirgendwo zu finden sind. 

Weltliche Analysten weisen immer wieder darauf hin, dass niemand vorhersagen kann, welche Richtung diese Ereignisse einschlagen werden, und dass sie nur aufzeigen können, welche möglichen Entwicklungen eintreten können. Manche finden Gefallen daran, jeden noch so kleinen Hinweis darin zu finden, dass die heutige Instabilität zur Gründung von Demokratien nach westlichem Vorbild führen könnte. Andere gehen davon aus, dass mehr Nationen in eine Diktatur zurückfallen werden. Doch fast alle erkennen die Wahrscheinlichkeit – und die Gefahr – dass mehr "islamistische" Regierungen entstehen könnten. 

Die "islamistische" Politikphilosophie befürwortet, dass Nationen (und letztendlich durch Bekehrung oder Unterwerfung die ganzen Welt) durch das Jahrhunderte alte Scharia-Gesetz regiert werden, dessen Grundlage das heilige Buch der Muslime, der Koran, ist. Ein paar Länder werden bereits gemäß verschiedener Ausformungen des Scharia-Gesetzes regiert, darunter Afghanistan, der Iran, Saudi Arabien, Sudan und Jemen. Andere Länder wie Ägypten, Marokko, Jordanien, Pakistan, Syrien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate haben die Scharia mit andern Systemen vermischt. 

Einige Muslime, besonders diejenigen aus Ländern, in denen der Islam eine Minderheitsreligion ist, bekunden, dass ihr Glaube sie nicht dazu drängt, das Scharia-Gesetz einzuführen. Diese werden gewöhnlich als "moderate" Muslime bezeichnet, im Gegensatz zu denjenigen, die das strenge islamische Gesetz bevorzugen. Was wir gegenwärtig im Nahen Osten erleben, wird von vielen als Aufstieg der Islamisten und Rückgang der "moderaten" Muslime angesehen.

Ein Dreh- und Angelpunkt beseitigt?

Mit Ausnahme Israels und der Türkei hatten die Länder des Nahen Ostens historisch betrachtet in der Regel autoritäre Regierungen. Unterdrückung, Armut und Korruption schürten ständig die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Doch nun wird die Region von einer Welle der Veränderungen überrannt. Nach drei Jahrzehnten der autoritären Herrschaft wurde im Februar 2011 der ägyptische Präsident Hosni Mubarak von seinem eigenen Militär mit der Unterstützung der Bevölkerung aus seinem Amt gedrängt. Ähnliche Unruhen haben sich auch in andern Ländern ausgebreitet. 

Seit dem israelisch-ägyptischen Friedensvertrag von 1979, in dem Israel die Sinai-Halbinsel an Ägypten zurückgab, die sie während des Sechstagekriegs von 1967 besetzt hatte – eine Auseinandersetzung, die für Ägypten zu einem Desaster wurde, war Ägypten Dreh- und Angelpunkt der amerikanischen Geopolitik im Nahen Osten. Als Gegenleistung hat sich Ägypten bereiterklärt, Israels Existenzrecht anzuerkennen. 

Im Zusammenhang mit dem Vertrag stimmten die Vereinigten Staaten von Amerika zu, Ägypten mit massiven finanziellen Mitteln zu unterstützen – üblicherweise in einem Bereich von jährlich 1,3 Millionen US-Dollar, die überwiegend an das ägyptische Militär flossen, um die aufeinander folgenden Regimes an der Macht zu halten. Wir sollten uns in Erinnerung rufen, dass die ägyptischen Herrscher des letzten halben Jahrhunderts – Gamal Abdel Nasser, Anwar as-Sadat und Hosni Mubarak – alle militärische Offiziere waren, die ihre Macht hauptsächlich aufgrund militärischer Unterstützung erhalten konnten. 

Der Friedensvertrag ermöglichte es Ägypten, amerikanische Ausrüstung und Waffen zu erhalten, die mit amerikanischen Teilen und durch amerikanische Wartungsfirmen instand gehalten werden mussten. Ägypten konnte es sich folglich nicht mehr leisten, Israel anzugreifen, denn das ägyptische Militär wäre schnell zum Erliegen gekommen, wenn die USA ihre weitreichende Unterstützung eingestellt hätte, was wiederum die autoritäre Kontrolle der ägyptischen Herrscher über ihre Nation in Gefahr gebracht hätte. 

Ohne Ägypten als potenziellen Aggressor wurde die Aussicht einer militärischen Eroberung Israels durch die Araber weit weniger realisierbar. Auf diese Weise wurde für mehr als 30 Jahre ein brüchiger Frieden zwischen Ägypten und Israel gehalten. Doch war es ein vom Volk gewollter Frieden? Wir sollten uns daran erinnern, dass Ägyptens früherer Präsident Sadat aufgrund seiner Friedensbemühungen am 7. Oktober 1981 einem Anschlag zum Opfer gefallen ist, der durch eine Gruppe islamistischer Nationalisten durchgeführt wurde, die mit der Muslimbruderschaft in Verbindung stand.

Der Wind der Veränderung weht

Das ägyptische Militär ist jetzt mit einer gewaltigen Aufgabe konfrontiert – den Schein einer Veränderung in der Zeit nach Mubarak aufrechtzuerhalten, während das alte System funktionsfähig erhalten wird. Das könnte sich angesichts des islamistischen Windes, der im gesamten Nahen Osten bläst, als sehr schwierig erweisen. Revolutionen können unvorhersehbare Ergebnisse bringen und werden gerne von feindlichen Kräften ausgenutzt. 

Betrachten Sie den Fall Iran. Gerald F. Seib berichtete im Wall Street Journal: "Es wird heutzutage häufig vergessen, doch der Weg der Revolution im Iran war nicht von Anfang an klar. Zunächst wurde die postrevolutionäre Regierung von der säkularen Linken angeführt. Es dauerte Monate und brauchte ein nationales Referendum, bis entschieden wurde, dass der Iran eine islamische Republik werden sollte, und es brauchte noch länger, um eine islamische Verfassung zu schreiben. Schlussendlich dauerte es bis zur Amtsenthebung des säkularen Präsidenten Abul-Hasan Banisadr 1981, dass die Dominanz religiöser Kreise im iranischen Regime zutage trat" ("Capital Journal", Wall Street Journal, 1. Februar 2011, Seite A8). 

Genauso könnte die nächste Krise Ägyptens eine finanzielle statt einer politischen sein. Im Moment ist das Land fest in der Hand des Militärs, doch dieses kontrolliert nicht die internationalen Geldgeber, die Ägypten über Wasser halten. Genauso wie Griechenland, Irland, Portugal und Spanien muss sich auch Ägypten Geld in einer unhaltbaren Größenordnung leihen – 7 bis 9 Prozent des BIP – und seine Verschuldung wächst. Es wurde berichtet, dass Ägyptens Militär Kredite von ägyptischen Banken geholt hat – Kredite, die es niemals plant, zurückzuzahlen. Eine massive Bankenkrise und Staatsverschuldung könnten in Ägypten unausweichlich sein.

Eine Straßenbahn namens Demokratie

Recep Tayyip Erdogan, der derzeitige türkische Ministerpräsident war einst ein radikaler Islamist. Er hat einmal gespottet: "Demokratie ist wie eine Straßenbahn. Man fährt solange mit ihr, bis man sein Ziel erreicht hat, und dann steigt man aus" (Moment of Truth for the EU and Turkey [Moment der Wahrheit für die EU und die Türkei], Turkish Daily News, 10. November 2006). Derzeit unterstützt Erdogan einen moderaten Islamismus in der Türkei, doch seine Politik hat sich Israel gegenüber als feindlich, und dem radikalen iranischen Führer Mahmoud Ahmadinedschad gegenüber als freundlich erwiesen. 

Das Gesuch der Türkei um einen Status als EU-Vollmitglied ist seit 2006 eingefroren. Seitdem fürchten einige, dass Erdogans Regierung dem Westen den Rücken zukehren und sich nach Osten orientieren könnte. Das türkische Militär war einst ein Bollwerk an Unterstützung für den nationalen Säkularismus, doch unter Erdogan wurde die politische Macht des Militärs erheblich vermindert. 

Wenn Nationen mit muslimischen Mehrheiten die Möglichkeit haben, demokratische Wahlen durchzuführen, um ihre Regierung zu bestimmen, wählen sie häufig islamistische Kandidaten – sogar wenn diese Kandidaten jene Demokratie ablehnen, die ihre Wahl ermöglicht hat. Im Jahr 2006, als Wähler in den palästinensischen Autonomiegebieten die Mitglieder des Legislativrats wählen konnten, hatten sie die Wahl zwischen der Fatah Partei, die Israels Recht auf Existenz anerkennt, und der Hamas Partei – einer islamistischen Gruppe, die sich gewaltsam gegen die Existenz Israels ausspricht. Die Mehrheit wählte die Hamas. Seitdem hat die Hamas unter den Palästinensern an Stärke gewonnen und nur wenige glauben, dass sich die Organisation wirklich für die Demokratie einsetzt. Wahlen hin oder her – es wird vermutet, dass die Hamas auch weiterhin ihre Pläne verfolgen wird, einen islamischen Gottesstaat und das Scharia-Gesetz zu errichten – ein Kalifat in Kleinformat.

Was ist das Kalifat?

Der Begriff Kalifat bedeutet "Herrschaft des Kalifen" und bezieht sich auf ein Regierungssystem, das ursprünglich unter dem Islam eingeführt wurde. Unter dem Kalifat ist das Staatsoberhaupt der Kalif, der im Einklang mit dem islamischen Gesetz regiert, das auch als die Scharia bekannt ist. 

Die Mehrheit der Muslime gehört dem sunnitischen Zweig des Islams an, der lehrt, dass das Staatsoberhaupt – der Kalif – von den Muslimen oder ihren Vertretern gewählt werden sollte. Anhänger des kleineren schiitischen Zweigs vertreten jedoch die Auffassung, dass der Kalif ein Imam (ein religiöser Führer) sein sollte, der von der Hausgemeinschaft Mohammeds abstammt. 

Historisch betrachtet erfüllten Kalifen in der Regel jedoch keine der beiden Anforderungen. Nach den ersten vier Kalifen, die auf Mohammed folgten, gab es häufig zwei Kalifen gleichzeitig, die als Oberhäupter von Dynastien ähnlich wie in europäischen Königshäusern regierten. Die Institution des Kalifats hielt sich bis ins 20. Jahrhundert, wo im Jahre 1924 der letzte Kalif von der laizistischen Türkei abgesetzt wurde. 

Natürlich ist es genauso wie bei "eingetragenen Christen", die ihren Glauben nur zu einem Mindestmaß praktizieren, dass es auch bei den Muslimen ein breites Spektrum an Glauben und Ausübungen gibt. Am einen Ende des Spektrums gibt es die "kulturellen" Muslime, die überwiegend weltlich eingestellt sind und deren Glaube kaum mehr als ein Ausdruck ihrer Nationalität oder Familientradition ist. Am anderen Ende des Spektrums gibt es militante Kämpfer, die darauf hoffen, so viele ihrer Feinde wie möglich zu töten, bevor sie als Märtyrer sterben, damit der islamistische Gottesstaat auf der ganzen Welt verbreitet wird. Dazwischen gibt es Hunderte von Millionen gläubiger Muslime, die sich bemühen, ihren Jahrhunderte alten Glauben strenggläubig zu praktizieren, während sie sich an die Gegebenheiten der modernen Gesellschaft anpassen. 

Welcher Prozentsatz der Muslime würde also die Wiedereinführung des Kalifats unterstützen? Erinnern Sie sich, dass nur ungefähr 315 Millionen Muslime – 20,1 Prozent der weltweit 1,57 Milliarden Muslime – im Nahen Osten leben. Das sind jene Muslime, deren Sichtweise der aktuellen Lage am meisten zutage tritt – und diese sind insgesamt viel enthusiastischer bezüglich der Errichtung eines Kalifats, als der Durchschnitt der Muslime auf der ganzen Welt. Das Forschungszentrum Pew führte kürzlich eine Umfrage über die Meinung der Muslime in mehreren muslimischen Ländern durch. Die Umfrage, die am 2. Dezember 2010 veröffentlicht wurde, enthüllte einige bemerkenswerte Einstellungen: "Ungefähr acht von zehn Muslimen in Ägypten und Pakistan (je 82 Prozent) befürworten die Steinigung von Menschen, die Ehebruch begangen haben; 70 Prozent der Muslime in Jordanien und 56 Prozent der nigerianischen Muslime teilen dieselben Ansichten. Muslime in Pakistan und Ägypten sind auch die größten Befürworter für das Auspeitschen und Hände abhacken bei Verbrechen wie Diebstahl und Raubüberfällen; 82 Prozent in Pakistan und 77 Prozent in Ägypten befürworten die Einführung dieser Bestrafungsarten als Gesetz in ihren Ländern, ebenso wie 65 Prozent der Muslime in Nigeria und 58 Prozent in Jordanien. Als man sie danach befragte, ob diejenigen, die die muslimische Religion verlassen, die Todesstrafe erhalten sollten, erklärten jeweils mindestens drei Viertel der Muslime in Jordanien (86 Prozent), Ägypten (84 Prozent) und Pakistan (76 Prozent), dass sie es befürworten würden, dies zu einem Gesetz zu machen ("Muslim Publics Divided on Hamas and Hezbollah", [Muslimische Bevölkerung gespalten bezüglich Hamas und Hisbollah], 2. Dezember, 2010).

Die Pew-Studie fand außerdem heraus, dass 95 Prozent der Muslime in Ägypten sagten, es sei gut für den Islam, eine bedeutende Rolle in der Politik zu spielen. 80 Prozent sagten, dass es schlecht für den Islam wäre, wenn er nur eine kleine Rolle in der Politik spielen würde. Kein Wunder also, dass Muslime häufig für islamistische Parteien stimmen, wenn ihnen eine Wahl ermöglicht wird. 

Doch wie steht es mit der Wiedereinführung des Kalifats selbst? Eine Studie der Universität von Maryland berichtete folgendes: "Träumen durchschnittliche Muslime von der Herrschaft des Kalifats? Laut der Datenanalyse aus vier islamischen Ländern (2007 zusammengetragen von dem Program on International Policy Attitudes [Programm zur Erforschung internationaler Einstellungen zur Politik]), ist die Antwort ja. Die Befragten gaben in der Studie an, ob ihre vorherrschende Identifikation religiös oder national sei, und ob sie eine unter einem Kalifen vereinte islamische Welt unterstützen würden. Die Unterstützung unter denjenigen, die sich über muslimische und nationale Kriterien identifizieren, ist beachtlich (77 Prozent bzw. 67 Prozent)" ("Support fort the Caliphate and Radical Mobilization" [Unterstützung für das Kalifat und radikale Mobilisierung], START Research Brief, Januar 2008). 

Die Studie fand heraus, dass beträchtliche Mehrheiten der Muslime in den vier befragten Ländern – Indonesien, Pakistan, Ägypten und Marokko – die Wiedereinführung des Kalifats befürworten. Von allen Befragten sprachen sich zwischen 54 und 87 Prozent dafür aus. Natürlich sollte angemerkt werden, dass islamistische Gruppen sich uneins darin sind, wie sie dieses Ziel erreichen wollen. Zum Beispiel bevorzugt Indonesiens Hizb ut-Tahrir den gewaltfreien Weg über Wahlen. Al-Kaida bevorzugt, wie wir wissen, den Terror. 

Wird der "tunesische Wind" also an Stärke gewinnen und zu einem "islamistischen Sturm" werden? Es ist ein großer Schritt, von einer Diktatur zum Scharia-Gesetz zu gelangen, und ein noch bedeutsamerer Schritt vom Scharia-Gesetz zum Kalifat – doch die Unterstützung für eine solche Entwicklung ist im gesamten Nahen Osten vorhanden. Forderungen nach Demokratie überschwemmen den Nahen Osten und führen dazu, dass sich einige im Westen die Hoffnung machen, dass dort Demokratien nach westlichem Vorbild Fuß fassen. Wir sollten uns jedoch daran erinnern, dass im sunnitischen Islam der Kalif gewählt wird. Eine demokratische Wiedereinführung des Kalifats könnte jetzt denkbar werden!

Der Angriff des Kalifats auf Europa

Heutzutage sind viele Menschen in Unkenntnis über die lange Geschichte brutaler Konflikte zwischen Europa und dem islamischen Kalifat. Nach Mohammeds Tod im Jahre 632 n.Chr. wurde der Islam durch Eroberungen im Nahen Osten und in Nordafrika verbreitet. Im Jahre 711 n.Chr. begann das Kalifat der Omajaden mit seiner erfolgreichen Besetzung Spaniens, als sie in Gibraltar eindrangen. Der eroberte Teil Spaniens wurde als Al-Andalus bekannt. Muslimische Armeen drängten nordwärts und besetzen große Teile Frankreichs, bis sie schließlich im Jahre 732 n.Chr. in der Schlacht von Tours und Poitiers gestoppt wurden. Die Muslime besetzten auch Sizilien und Süditalien – sie überfielen Rom und plünderten dabei den Petersdom. Das westliche Kalifat hatte von 929 bis 1031 n.Chr. sogar seinen Sitz in Cordoba, Spanien – was auch der Grund dafür ist, dass Cordoba für Muslime lange ein Symbol für den islamistischen Erfolg im Westen war. 

1492 n.Chr., nach Jahrhunderten des Krieges, wurden die Muslime schließlich aus Granada, Spanien, ihrer letzten Bastion im römisch-katholischen Westeuropa, vertrieben. Doch in Osteuropa dauerten die Kämpfe noch über Jahrhunderte an, wo weite Gebiete von den Muslimen erobert und besetzt wurden. Es gab sogar drei Angriffe des türkischen Kalifats auf den Sitz des Heiligen Römischen Reichs in Wien, Österreich. Doch erst 1718, mit der Unabhängigkeit Ungarns von der osmanischen Herrschaft, zog sich das Kalifat schließlich aus Osteuropa zurück, was die über 1000 Jahre andauernden Kriege in Europabeendete. 

Papst Benedikt XVI. schrieb: "Die zwei Hälften des alten Europas vor dem Zeitalter der Moderne kannten im Grunde nur einen Gegner, dem sie sich in einem Kampf auf Leben und Tod entgegenstellen mussten, nämlich die islamische Welt" (Europe Today and Tomorrow [Europa heute und morgen], Seite 22). Die existenziellen Kämpfe des katholischen Europas gegen die islamischen Eroberungsversuche trugen zu der gemeinsamen Identität Europas bei, indem sie den Europäern zu der Überzeugung verhalfen, dass sie ein gemeinsames Schicksal im Widerstand gegen das islamische Kalifat hatten, das mehr als tausend Jahre versucht hatte, Europa zu erobern. 

Das Trauma dieser Kriege ist tief im Bewusstsein Europas verwurzelt. Wenn das Kalifat im Nahen Osten wieder errichtet wird, dann wird dies eine tiefgreifende Wirkung auf die gemeinsame Identität der Europäer haben. Es ist weniger als 300 Jahre her, seitdem Europa das letzte Mal der Gefahr einer weiteren muslimischen Invasion gegenüberstand – eine Bedrohung, die entscheidend für die Herausbildung einer gemeinsamen europäischen Identität im Mittelalter war. Nun geht jedoch wieder eine gefühlte und erklärte Gefahr von Islamisten aus, da muslimische Extremisten zum "heiligen Krieg" aufrufen, und das Kalifat wiederherstellen wollen. Hassan al-Banna, der Gründer von Ägyptens Muslimbruderschaft, schrieb: "Andalusien [der muslimische Name für Spanien], Sizilien, der Balkan, Süditalien und die Mittelmeerinseln waren alle islamisches Land, das wieder in das Heimatland des Islams zurückgebracht werden muss… es ist unser Recht, die Pracht des Islamischen Reichs wiederherzustellen" (Wall Street Journal, Understanding the Muslim Brotherhood" [Die Muslimbruderschaft verstehen], Bret Stephens, 15. Februar, 2011, Seite A13). 

Wenn das islamische Kalifat wiedererrichtet wird, wird dies enorme Auswirkungen auf Europa haben. Der religiöse Wind, der über dem Nahen Osten bläst, kann genauso über Europa wehen!

Inmitten prophetischer Zeiten

Gott prophezeite, dass in den Jahren direkt vor Christi Rückkehr die Juden zurück nach Jerusalem und Judäa kehren werden, wo sie von den umgebenden Nationen angefeindet werden. "Zu der Zeit will ich die Fürsten Judas machen zum Feuerbecken mitten im Holz und zur Fackel im Stroh, dass sie verzehren zur Rechten und zur Linken alle Völker ringsumher. Aber Jerusalem soll auch fernerhin bleiben an seinem Ort" (Sacharja 12, 6). In den vergangenen Jahrzehnten wurde diese bemerkenswerte Prophezeiung vor unseren Augen erfüllt. 

Die Bibel enthüllt, dass später in derselben Zeitepoche eine starke religiös-politische Macht auftreten wird, als Wiedererrichtung des Heiligen Römischen Reichs – des gleichen Reichs, das mehr als tausende Jahren von den Angriffen des Kalifats bedroht worden war. Diese Wiederbelebung wird ein Bündnis von zehn Nationen oder Nationsgruppen sein, von denen einige stark und andere schwach sein werden (Daniel 2, 31-46). Diese Macht wird an einem Abkommen beteiligt sein, das den Juden erlauben wird, ihre Opfer auf dem Tempelberg wieder aufzunehmen (Daniel 9, 27; 11, 31; 2. Thessalonicher 2, 4). Eine solche Wiederbelebung jüdischer Bräuche würde die muslimische Opposition zusammenschweißen, doch die Vorbereitungen für diese Opferhandlungen werden von orthodoxen Juden, die mit den alten Riten vertraut sind, heute bereits getroffen. 

Biblische Prophezeiungen zeigen außerdem, dass eine Macht südlich von Jerusalem aufkommen wird, die sich mit dem mächtigen "König des Norden" "messen" bzw. diesen provozieren wird. Die nördliche Macht wird diesen "König des Südens" bezwingen und dabei Jerusalem überrollen und besetzen (Daniel 11, 40-45). Und letztlich, wenn die Opfer auf dem Tempelberg gestoppt werden, beginnt die "große Bedrängnis" – die in der Rückkehr des Messias Jesus Christus gipfeln wird! 

Die Bibel gibt uns einen Überblick, den eine säkulare Welt nicht erkennen kann. Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs sagte: "Ich bin Gott, und sonst keiner mehr, ein Gott, dem nichts gleicht. Ich habe von Anfang an verkündigt, was hernach kommen soll, und vorzeiten, was noch nicht geschehen ist. Ich sage: Was ich beschlossen habe, geschieht, und alles, was ich mir vorgenommen habe, das tue ich" (Jesaja 46, 9-10). Dieser Gott hat sehr viel darüber zu sagen, was im Nahen Osten geschehen wird – wer könnte es sich leisten, dies zu ignorieren? Wenn wir glauben, was Gott gesagt hat, dann können wir die aktuellen Ereignisse im Kontext der biblischen Prophezeiungen verstehen und werden vorbereitet sein, sobald die endzeitlichen Ereignisse plötzlich zu ihrem prophezeiten Höhepunkt kommen werden. Sind Sie bereit?


IIA, Juli 2011
© 2011 Living Church of God
Alle Rechte vorbehalten.

Englischer Titel:  An Islamic Wind?

Biblische Verweise und Zitate sind, soweit nicht anders angegeben,
der revidierten Lutherbibel 1984 entnommen.
© 1985 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart