Das messianische Judentum und die Bewegung „Zurück zu den hebräischen Wurzeln“ sind dezentralisiert und unorganisiert, aber sie sind auch eifrig und schnell wachsend. Es ist ihnen hoch anzurechnen, dass diese Gemeinschaften viele Erfindungen des heidnischen Christentums meiden, und einige haben sogar ein Erscheinungsbild, das dem frühen neutestamentlichen Christentum nahe kommt. Aber was ist ihre Geschichte? Was sind einige ihrer Glaubensvorstellungen? Und vor allem: Sind die messianisch-jüdischen und hebräischen Gemeinschaften wirklich näher am Glauben, der den Heiligen ein für alle Mal anvertraut ist (Judas 3)?

Seit den frühesten Zeiten des Neuen Testaments wissen wir, dass das Evangelium zuerst an die „verlorenen Schafe“ des Hauses Israel ging; zuerst zu den Juden, dann zu den Heiden (Matthäus 10, 5-6; Johannes 1, 41; Apostelgeschichte 18, 2.24; Römer 1, 16; 2, 9-11). Aber bedeutet das, dass Gott möchte, dass Christen „zu ihren hebräischen Wurzeln zurückkehren“? Ganz im Gegenteil. Wie wir sehen werden, sind das messianische Judentum und seine Schwester, die Bewegung „Zurück zu den hebräischen Wurzeln“, trotz einiger lehrmäßiger Fortschritte in den letzten Jahrzehnten keine Fortführung der Kirche, die Jesus Christus erbaut hat (Matthäus 16, 18). Sie sind vielmehr moderne Phänomene, die ganz andere Lehren vertreten als „den Glauben, der ein für alle Mal den Heiligen anvertraut ist“.

 

Gegründet von Protestanten

Das messianische Judentum entstand in der Tat in den späten 1800er und frühen 1900er Jahren, vor allem durch die Bemühungen von Männern wie Carl Schwartz (1817-1870), einem presbyterianischen Pastor und polnisch-jüdischen Konvertiten zum „Christentum“, der von Großbritannien aus wirkte; Arno Gaebelein (1861-1945), einem methodistischen Pastor, der von New York aus wirkte; und David Bronstein (1886-1961), einem presbyterianischen Pastor und jüdischen Konvertiten, der von Chicago aus wirkte. Die Bewegung verbreitete sich unter den protestantischen Gemeinden in Großbritannien und den Vereinigten Staaten und führte zur Gründung neuer Vereinigungen wie „The Hebrew Christian Alliance of Great Britain“ (heute:  British Messianic Jewish Alliance) im Vereinigten Königreich – gegründet 1866 – und „The Hebrew Christian Alliance of America“ (heute: Messianic Jewish Alliance of America ) – gegründet 1915.

In den frühen 1900er Jahren war Arno Gaebelein ein produktiver Schriftsteller und international einflussreicher Theologe geworden. Bis 1934 hatte David Bronstein eine der ersten „hebräisch-christlichen“ Gemeinden in Amerika gegründet. Jahrzehnte später berichtete das Time Magazin über einen von Bronsteins Sonntagsgottesdiensten und beschrieb sie als „protestantisch“: „David Bronstein ist kein Rabbiner, sondern ein Pastor, und die etwa 100 Mitglieder seiner Gemeinde in Chicago, fast alle geborene Juden, nennen sich hebräische Christen. Ihre Gruppe ist die erste von fünf organisierten hebräischen christlichen Kirchen in den USA… Im Jahr 1934 gründete David Bronstein die Chicagoer Kirche – die formal nicht mit den anderen verbunden ist – aus dem Gefühl heraus, dass ‚ich auserwählt wurde, das jüdische Volk zu Christus zu führen'“ („Religion: Hebrew Christians“ [Religion: Hebräische Christen], Time Magazine, 30. Dezember 1957).

Abgesehen von den guten Absichten blieb Bronstein – wie sein amerikanischer Zeitgenosse Gaebelein und auch wie Schwartz in Großbritannien, der ihnen etwas vorausging – ein protestantischer Sonntagsprediger. Darüber hinaus wurden diese Männer von führenden protestantischen Theologen ihrer Zeit beeinflusst, insbesondere von John Nelson Darby (1800-1882) und Cyrus Ingerson Scofield (1843-1921), deren Theologie nach wie vor einen großen Einfluss auf die messianisch-jüdische Lehre hat. Dies ist wichtig zu verstehen, wenn wir die „messianisch-jüdische Theologie“ verstehen wollen.

 

Starker Einfluss der protestantischen Theologie

Der äußerst einflussreiche C. I. Scofield war ein trinitarischer, den Sonntag einhaltender Presbyterianer, der die Scofield Reference Bible verfasst hat. Ebenso war John Nelson Darby ein enorm einflussreicher, britischer, protestantischer Theologe. Darby war es, der die Lehre aufstellte, dass Christus die Christen vor der Großen Trübsal unsichtbar und ohne Vorwarnung heimlich in den Himmel „entrücken“ würde, was das gegenwärtige „Kirchenzeitalter“ beenden und von der buchstäblichen Wiederkunft Christi und dem tausendjährigen Millennium gefolgt würde, womit das nächste „Zeitalter“ eingeläutet würde, in dem die alttestamentlichen Prophezeiungen in Bezug auf das physische Israel wieder in Kraft treten würden.

Darbys Lehre von der „geheimen Entrückung“ und sein Kampf mit dem „Dispensationalismus“ hatten großen Einfluss darauf, wie Gaebelein, Bronstein, Scofield und viele andere den Alten und Neuen Bund, die biblische Prophezeiung, das Wirken Gottes mit den Juden im „Kirchenzeitalter“ und vieles mehr verstanden. Diese Männer haben viele ihrer Missverständnisse tief in die Struktur des messianischen Judentums eingebettet.

Obwohl sie dynamische Führungspersönlichkeiten waren, gehörte keiner dieser Männer der eigentlichen Kirche Gottes an, die den „ein für alle Mal“ überlieferten Glauben über die Jahrhunderte hinweg bewahrt hatte. Ungeachtet ihres edlen Wunsches, „ihre jüdischen und protestantischen Konvertiten zu versöhnen“ oder, wie Bronstein sagte, „das jüdische Volk zu Christus zu bringen“, haben die Gründer der modernen messianisch-jüdischen Bewegung viele der grundlegenden Wahrheiten, die ein bekehrtes Mitglied der Kirche Gottes versteht, einfach nicht verstanden und konnten es auch nicht. Und warum? Weil Gott seinen Heiligen Geist – der ein „Geist der Weisheit und des Verstandes“ ist (Jesaja 11, 2) – denen gibt, „die ihm gehorchen“ (Apostelgeschichte 5, 32), d. h. denen, die seine Gebote halten (Psalm 111, 10). Gott gibt seinen Heiligen Geist nicht denen, die den Sabbat durch den Sonntag ersetzt haben, die heidnische Feiertage lehren und einhalten oder die heidnische Lehre von einem dreieinigen Gott lehren.

Interessanterweise war es jedoch um die Zeit David Bronsteins herum, dass Gott begann, jemanden zu berufen, der ihm gehorchen würde und dem er Verständnis geben würde. Etwa zu dieser Zeit begann Gott, Herbert W. Armstrong (1892-1986) zu berufen.

 

Messianisches Judentum oder die Kirche Gottes?

Im Jahr 1926 veranlasste Gott Herrn Armstrongs theologische Studien als Reaktion auf die Entscheidung seiner Frau Loma, den Siebenten-Tags-Sabbat zu halten. Herr Armstrong, der sich gegen diese Idee wehrte, war gezwungen, den Sabbat, die heiligen Tage und viele andere Lehren zu prüfen. Gott brachte ihn dann in Kontakt mit dem Überrest seiner treuen Kirche – der Kirche Gottes. Ein Studium der Geschichte der neutestamentlichen Kirche würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, aber das, wozu Gott Herbert Armstrong geführt hatte, war in der Tat der kleine, sardische, sabbathaltende Überrest seiner treuen Kirche, wie in Offenbarung 3, 1-6 beschrieben, der damals in Stanberry, Missouri, sein Hauptquartier hatte.

Gott machte bald klar, dass Herr Armstrong in den Dienst ordiniert werden sollte. Und so, wie bei allen biblischen Beispielen für Ordinationen, betete die Kirchenleitung 1931 und legte ihm die Hände auf, und er wurde zum „Prediger und Apostel des wahren, ursprünglichen Glaubens“ in der Kirche Gottes ordiniert. Mehr über die Geschichte der neutestamentlichen Kirche, über Armstrongs Berufung und Ordination und darüber, wie Gott ihn gebrauchte, um das Philadelphia-Zeitalter aufzurichten (Offenbarung 3, 7-13), können Sie in Die Geschichte der Kirche Gottes und in der Autobiographie von Herbert W. Armstrong, Band 1 nachlesen.

Wie wir bereits angedeutet haben, ist es auch äußerst wichtig, zu beachten, dass Gott Herrn Armstrong in seine wahre Kirche berufen hat, die nicht nur die richtige Lehre, sondern auch die richtige Regierungsform praktiziert – organisiert, zentralisiert, hierarchisch und mit Ernennung durch Ordination. Dies steht auch in krassem Gegensatz zu dem unbiblischen, dezentralisierten und auf Wahlen basierenden Ansatz – der „Selbstberufung“, die in der protestantischen und „messianischen“ Welt so verbreitet ist und die in jüngerer Zeit sogar einige vom Volk Gottes in Versuchung geführt hat. (Eine detailliertere Studie über die Art der Regierung, die in der Kirche Gottes sowohl im Alten als auch im Neuen Testament durchgängig eingesetzt wurde, finden Sie in unserem Artikel „Gerechte Regierung: vom Ephod zur Ekklesia“).

Weil Herr Armstrong bereit war, das falsche Christentum abzulehnen und sich Jesus Christus vollständig zu unterwerfen, gab Gott ihm eine Einsicht, die die protestantischen Gründer des „messianischen Judentums“ einfach nicht hatten.

 

Uneinigkeit in den Lehren der messianischen Juden

Während die Kirche Gottes wuchs und Gott ihre Bemühungen, der Welt das Evangelium zu verkünden, segnete, wuchs auch die messianisch-jüdische Bewegung, und viele Gemeinden begannen, einige ihrer protestantischen Züge abzulegen, vor allem indem sie den Sonntagsgottesdienst durch den Sabbatgottesdienst ersetzten. In den 1970er und 1980er Jahren erlebte das messianische Judentum dann ein explosives Wachstum inmitten einer neuen Begeisterung für alles, was mit dem Judentum zu tun hatte. Doch die messianische Bewegung blieb – und bleibt – dezentralisiert, unorganisiert und lehrmäßig fehlgeleitet.

Die grundlegende Meinungsverschiedenheit zwischen den verschiedenen messianisch-jüdischen und hebräischen Bewegungen und dem traditionellen Judentum besteht natürlich darin, dass das traditionelle Judentum nicht glaubt, dass das Wort sich selbst entäußert hat und Fleisch geworden ist (vgl. Philipper 2, 6-7; Johannes 1, 14). Aber auch wenn messianische Juden akzeptieren, dass Jesus der Messias ist, befinden sie sich in vielerlei anderer Hinsicht in einem schweren Irrtum.

Zum Beispiel bleiben die meisten messianisch-jüdischen Gemeinden trinitarisch, wie später noch erläutert werden wird. Viele messianische Gemeinden akzeptieren die Apokryphen (nicht biblische, nicht kanonische Schriften), während andere messianische Juden die Authentizität der neutestamentlichen Evangelien in Frage stellen.

Andere, die falsche „dispensationalistische“ Ideen übernehmen, glauben, dass Jesus der Messias ist, aber nur für Nicht-Juden. Die Wahrheit ist jedoch genau das Gegenteil. Mehr darüber, wie die ursprüngliche neutestamentliche Kirche sowohl aus Juden als auch aus Heiden bestand und wie Jesus der Messias für alle ist, können Sie in unserer Broschüre Rückkehr zum ursprünglichen Christentum nachlesen – und um Dr. Meredith aus dieser Broschüre zu zitieren: „Wenn Sie fähig wären, einen Blick auf das wahre Christentum des ersten Jahrhunderts und danach zu werfen, was würden Sie sehen?  Sie könnten eine Gruppe engagierter Menschen sehen, die an Jesus als den prophezeiten Messias glauben“ (S. 20).

Viele messianische Juden glauben, dass es Gott gefällt, wenn Heidenchristen den Sonntag und die typischen, heidnischen „christlichen Feiertage“ begehen, die Gott natürlich hasst (vgl. Amos 5, 21). Andere argumentieren, dass ethnische Juden die Alija durchführen müssen – d.h. nach Jerusalem zu ziehen. Einige sind der Meinung, dass das Laubhüttenfest in traditionellen Sukkoths gefeiert werden muss, während andere meinen, dass das Laubhüttenfest nur in Jerusalem richtig gefeiert werden kann. Einige Gemeinden – typischerweise solche mit pfingstlerischer Ausrichtung – werden zunehmend „charismatisch“, und es gibt eine wachsende Debatte über das „Sprechen in Zungen“ innerhalb der Gemeinschaft. (Weitere Informationen über die Gabe des Zungenredens finden Sie in unseren Artikeln Charismatische Bewegungen und Zungenrede und Früchte des Geistes)

Dies sind nur ein paar Beispiele für das Chaos und den Irrtum innerhalb der messianischen Gemeinschaft und der Bewegung „Zurück zu den hebräischen Wurzeln“. Doch wir wissen, dass Gott „nicht ein Gott der Unordnung“ ist (1. Korinther 14, 33) und dass seine Kirche sich nicht „von jedem Wind einer Lehre bewegen und umhertreiben [lässt] durch das trügerische Würfeln der Menschen, mit dem sie uns arglistig verführen“, sondern stattdessen „Einheit des Glaubens“ aufweisen sollte (Epheser 4, 13-14).

 

Die 613 Gebote?

Viele sabbathaltende Gemeinden mit „hebräischen Wurzeln“ behaupten, dass sie „den Glauben der frühen Kirche“ praktizieren, und stützen diese Behauptung auf ihr angebliches Halten der 613 Mitzwa und argumentieren, dass Aussagen wie „Sünde ist Gesetzlosigkeit“ (1. Johannes 3,4) die Einhaltung dieser 613 von Menschen gemachten rabbinischen Vorschriften erfordern. Aber auch das ist falsch.

Was sind die 613 Mitzwa? Zunächst ist es hilfreich zu erklären, was sie nicht sind. Die 613 Mitzwa sind nicht das Gesetz Gottes – sie sind nicht die Zehn Gebote oder die Heiligen Tage, sie sind nicht einmal das Opfersystem oder der Alte Bund. Die 613 Mitzwa sind einfach eine Vielzahl rabbinischer Verordnungen (auf Griechisch: Dogma), die auf menschlichen Interpretationen der Schrift beruhen und in einigen Fällen gültige Anweisungen für die richtige Anbetung sind, in anderen Fällen aber nur für eine bestimmte Zeit oder Situation gelten. In anderen Fällen sind sie Fehlinterpretationen der Schrift, und in wieder anderen Fällen sind sie Teil des „Gesetzes“ – nicht der Zehn Gebote, sondern des Gesetzes in Satzungen, das als „Zuchtmeister“ diente. Dieses wurde, wie Paulus in Galater 3, 23-25 feststellte, durch den Neuen Bund abgelöst.

So heißt es beispielsweise in Mitzwa 87, basierend auf 2. Mose 23, 12, dass man am Sabbat ruhen soll, und in Mitzwa 91, basierend auf 2. Mose 20, 8, dass man den Sabbat von Anfang bis Ende heilig halten soll. Beides sind gültige Anweisungen für die richtige Anbetung – nicht weil sie rabbinische Vorschriften sind, sondern weil der Sabbat am siebenten Tag sowohl unter dem Alten als auch unter dem Neuen Bund eine heilige Zeit und eine gebotene, heilige Versammlung ist (3. Mose 23, 3; Hebräer 10, 25). Die Einhaltung des Sabbats ist das vierte der Zehn Gebote (2. Mose 20, 8), und Jesus Christus hielt den Sabbat heilig (Lukas 4, 16), ebenso wie seine Apostel (Apostelgeschichte 13, 42-44).

Mitzwa 90, die sich auf 2. Mose 16, 29 stützt, besagt jedoch, dass man am Sabbat nicht außerhalb der Stadtgrenzen gehen soll, was eine Auslegung von Gottes Anweisung für eine bestimmte Zeit oder Situation war. Dass es sich dabei nicht um eine dauerhafte Vorschrift handelte, hätte den so genannten rabbinischen Experten eigentlich klar sein müssen, denn später befahl Gott selbst den Israeliten, sieben Tage lang um die gesamte Stadt Jericho herumzugehen, was mindestens einen Sabbat einschloss (Josua 6, 3-4). Und das waren wahrscheinlich die sieben Tage der ungesäuerten Brote, so dass „der siebte Tag“, an dem Israel siebenmal um Jericho herumging, ein hoher Sabbat war. Wenn dies noch kein ausreichender Beweis dafür ist, dass Mitzwa 90 falsch ist, dann bedenken Sie, dass Jesus Christus selbst die angebliche „Autorität“ dieser zusätzlichen, rabbinischen Verordnungen völlig verwarf, als er und seine Jünger die Stadt verließen und „durch die Getreidefelder gingen“, um Ähren zu pflücken und zu essen (Lukas 6, 1), was gegen Mitzwa 88 verstoßen hätte. Die Pharisäer warfen ihm daraufhin vor, „am Sabbat zu tun, was nicht erlaubt ist“ (Vers 2) – aber Jesus Christus hat den Sabbat nie gebrochen. Er hat lediglich den Irrtum dieser zusätzlichen, von Menschen gemachten rabbinischen Dogmen aufgezeigt.

Mitzwa 84 stützt sich auf 4. Mose 15, 38, wo Quasten an allen viereckigen Kleidern verlangt werden. Vers 39 erklärt den Zweck der Quasten: „Sooft ihr sie anseht, sollt ihr an alle Gebote des Herrn denken und sie tun“. In ähnlicher Weise basiert Mitzwa 79 auf 5. Mose 6, 8, das Phylakterien auf dem Kopf vorschreibt. Sowohl Quasten als auch Phylakterien waren ein zusätzliches, aber vorübergehendes Ritual unter dem Zuchtmeister des Alten Bundes. Unter dem Alten Bund hatten die Menschen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ein hartes Herz, das nicht durch den Heiligen Geist bekehrt worden war, so dass sie sich nicht an Gottes Gesetz erinnerten und es nicht einhielten (vgl. Sacharja 7, 12; Hesekiel 11, 19). Jesus Christus hat das Gesetz nicht zerstört oder die Zehn Gebote abgeschafft (Matthäus 5, 17), sondern er hat den Neuen Bund errichtet (Hebräer 7, 12; 8, 6). Seit Pfingsten 31 n. Chr. können unsere Herzen also durch die Kraft des Heiligen Geistes von „steinernen Herzen“ zu „fleischernen Herzen“ bekehrt werden. Anstelle von Quasten und Phylakterien als Teil des vorübergehenden Zuchtmeisters, der uns hilft, uns an das Gesetz zu erinnern, ist das Gesetz nun in die Herzen der Heiligen Gottes geschrieben (Hesekiel 11, 19; 2. Korinther 3, 2-3).

Gerald Weston hat erklärt: „Rituelle Praktiken wurden als zeitweilige Erinnerung gegeben, als Schulmeister oder Lehrer, um denen, die ohne seinen Geist waren, Gottes Wege zu lehren (Galater 3, 23-25). Aber ohne den Heiligen Geist blieb Israel fleischlich im Denken und Handeln. Phylakterien, Quasten und Tieropfer waren nicht genug. Gott ist nicht an diesen Äußerlichkeiten interessiert. Was ihn erfreut, ist ein verändertes Herz. Gott gibt uns den Heiligen Geist, um uns zu verwandeln, um uns von unseren weltlichen Nachbarn zu unterscheiden“ („Better than Phylacteries” [„Besser als Phylakterien“], Living Church News, Mai-Juni 2022).

Andere der verschiedenen 613 Mitzwa können ebenfalls leicht als veraltet oder fehlerhaft nachgewiesen werden. Mitzwa 380, das auf 4. Mose 28, 9 beruht, besagt zum Beispiel, dass man am Sabbat zwei zusätzliche Lämmer als Brandopfer bringen soll – aber das gesamte Tieropfersystem wurde durch das Opfer Jesu überflüssig (Hebräer 9, 11-28). Und obwohl die Mitzwa 6 und 7 (basierend auf 3. Mose 22, 32), Mitzwa 10 (basierend auf 2. Mose 20, 7) und andere Mitzwa gültige Ermahnungen zur Ehre des Namens Gottes enthalten, glauben viele messianische Juden fälschlicherweise, dass sie von den Menschen verlangen, hebräische Wörter für die Namen Gottes zu verwenden. Auch wenn dies in der Regel aufrichtig geschieht, zeugt es von Unwissenheit – und manchmal von Eitelkeit. Wenn Sie sich eingehender mit „heiligen Namen“ befassen möchten, lesen Sie bitte die Artikel „Wie Gottes Namen seine Wesensart und Macht offenbaren“ und „Was bedeutet es wirklich, Gottes Namen zu heiligen?“.

Ironischerweise bauen die messianischen und hebräischen Gemeinschaften genau die „Zwischenwand“ der Trennung zwischen Juden und Heiden wieder auf, den Jesus Christus niedergerissen hat. Nochmals: Christus hat zwar nie die Zehn Gebote, den Sabbat oder die biblischen Heiligen Tage abgeschafft, aber er hat „das Gesetz der Gebote in Satzungen“ abgeschafft, wie Epheser 2, 14-15 erklärt (Elberfelder Bibel). Die „Satzungen“, von denen in diesem Abschnitt die Rede ist, sind das griechische Dogma, das sich auf zivile Verordnungen von Menschen beziehen kann, wie Kommentare wie Expositor's Bible Commentary zu Recht betonen. (Eine gründliche Studie darüber, wie Epheser 2, 14-15 offenbart, dass der Messias für die Versöhnung von Juden und Heiden gesorgt hat, finden Sie in unserem Artikel „Der Friede und die Versöhnung von Epheser 2, 14“.

Die ursprüngliche neutestamentliche Kirche befolgte die 613 Mitzwa nicht, und Jesus verlangt das auch nicht von uns. Tatsächlich hat Jesus für die Versöhnung von Juden und Heiden gesorgt, indem er viele der rabbinischen Vorschriften, zu denen die messianischen Juden zurückkehren, teilweise abgeschafft hat.

 

Wie steht es mit der Dreieinigkeit?

Mit ihren Wurzeln im traditionellen Protestantismus sollte es nicht überraschen, dass die meisten messianischen Juden irgendeine Form der falschen Trinitätslehre akzeptieren. So stellt die internationale messianische Gruppe Juden für Jesus in ihrem Artikel „Is the Trinity in the Hebrew Scriptures?“ [„Ist die Dreieinigkeit in den Hebräsichen Schriften?]“ fest: „Es gibt klare Beweise dafür, dass drei Persönlichkeiten als göttlich und als Gott bezeichnet werden“ (27. April 2018). Und laut Christian Apologetics and Research Ministry „glauben messianische Juden, dass Jesus der Sohn Gottes ist, die zweite Person der Dreifaltigkeit“ („What is Messianic Judaism?“ [„Was ist das messianische Judentum?“], CARM.org, 14. Oktober 2013).

Laut der 1986 in Detroit gegründeten Gemeinschaft Shema Yisrael ist „die Lehre von der Dreifaltigkeit eine der wichtigsten Lehren des christlichen Glaubens.... Das Wissen um den HaSheeloosh HaKadosh (die Heilige Dreifaltigkeit) kommt nicht aus der Natur, sondern aus der göttlichen Offenbarung. Die Vernunft mag uns dazu bringen, an die Einheit Gottes zu glauben, aber es bedarf der Selbstoffenbarung Gottes, um seine Dreieinheit, seine Dreiheit, zu offenbaren.... Da Gott sein einzigartiges dreieiniges Wesen offenbart hat, ist es unerlässlich, dass wir Gott so sehen, wie er ist, oder wir müssen die schlimmsten Konsequenzen tragen“ („The Jewishness of the Trinity“ [„Das Jüdische an der Dreifaltigkeit“], Shema.com, 11. Oktober 2012).

Und schließlich sei an die First Hebrew Christian Church of Chicago erinnert, die in dem Time-Artikel von 1957 erwähnt wird. Wie viele andere ist auch sie vom Sonntagsgottesdienst zum Sabbatgottesdienst übergegangen und hat ihren Namen geändert, um „jüdischer“ zu klingen, lehrt aber immer noch die Trinität. Auf ihrer offiziellen Website heißt es: „Adat wurde 1934 von David und Ester Bronstein als First Hebrew Christian Church of Chicago.... gegründet. Der Name wurde 1974 in Adat Hatikvah geändert“ (AdatHatkivah.org, Zugriff im Januar 2023). Außerdem heißt es in ihrem Glaubensbekenntnis: „Wir glauben an einen Gott, den Schöpfer aller Dinge, unendlich vollkommen, allwissend, allmächtig, allgegenwärtig und ewig existierend in drei Personen, Abba (Vater), Ben (Sohn) und Ruach HaKodesh (Heiliger Geist)“.

Aber ist der Glaube an einen „dreieinigen Gott“ biblisch? Gerald Weston schrieb in der Broschüre Johannes 3,16: Der goldene Vers und seine verborgenen Wahrheiten: „Nun überlegen Sie – wenn der Heilige Geist eine Person wäre, wer wäre dann der Vater Jesu? Der Heilige Geist wäre Jesu Vater! Doch wir wissen, dass dies nicht sein kann. Und so können wir den Trugschluss der Dreieinigkeitslehre erkennen. Sicherlich, wenn man diejenigen, die an die Dreieinigkeit glauben, mit dieser Passage konfrontiert, hört man oft die Antwort: „Sie verstehen die Lehre der Dreieinigkeit nicht“.  Doch das ist völlig in Ordnung, weil die Person, die so antwortet, sie selbst ebenfalls nicht versteht“ (S. 5).

Ehrliche Historiker geben zu, dass das Konzept einer dreieinigen Gottheit keine Lehre der ursprünglichen neutestamentlichen Kirche war. Der Harvard-Theologe und Gelehrte Alvan Lamson fasste zusammen: „Die moderne Lehre von der Dreieinigkeit findet sich in keinem Dokument oder Relikt der Kirche der ersten drei Jahrhunderte.... Es gibt nirgendwo unter diesen Überresten eine gleichberechtigte Trinität.... Sie ist erst später entstanden“ (The Church of the First Three Centuries [Die Kirche der ersten drei Jahrhunderte], 1860, S. 341-342).

 

Wahre Christen beten Gott im Geist und in der Wahrheit an

„Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten“ (Johannes 4, 24). Sie müssen „für den Glauben [kämpfen], der ein für alle Mal den Heiligen anvertraut ist“ (Judas 3). Tatsache ist, dass das messianische Judentum und die Bewegung „Zurück zu den hebräischen Wurzeln“, auch wenn sie vielleicht gute Absichten haben, viel Verwirrung und Irrtum enthalten. Diejenigen, die sich von ihren Lehren verführen lassen, sollten Gottes Warnung beherzigen: „Alles, was ich euch gebiete, das sollt ihr halten und danach tun. Du sollst nichts dazutun und nichts davontun“ (5. Mose 13, 1; vgl. Offenbarung 22, 18-19). Sie müssen der Autorität Jesu Christi gehorchen – nicht nur als demjenigen, der das Gesetz gegeben hat (1. Korinther 10, 4), sondern auch als demjenigen, der die Autorität hat, den Neuen Bund einzuführen und uns zu lehren, wie wir das Gesetz halten sollen (Johannes 5, 22-27).

Wir sind dankbar für Jesus, unseren Retter und älteren Bruder, den „Apostel und Hohenpriester, den wir bekennen“ (Hebräer 3, 1) und „den Messias“ (Johannes 1, 41). Wir sind dankbar dafür, dass unser liebender Gott sein unfehlbares Wort durch die Jahrhunderte hindurch bewahrt und seine Kirche dazu angeleitet hat, die richtige Lehre zu lehren, die richtige Regierungsform zu praktizieren und sich auf die Verkündigung des wahren Evangeliums zu konzentrieren, als „Gemeinde des lebendigen Gottes, ein Pfeiler und eine Grundfeste der Wahrheit“ (1. Timotheus 3, 15). Und wir beten, dass Gott noch viele andere in seine Kirche beruft: die Kirche Gottes.